Deutsche Medien mitschuldig am Völkermord an den Palästinensern

German media complicit in the genocide of the Palestinians

Drei Hauptpunkte, von Christine Binzel, Professor of Economics, FAU, 2024-12-23

@christinebinzel
Deutschland hat sich mitschuldig an Israels Völkermord gegen die Palästinenser:innen gemacht. Wir denken, dass die deutschen Medien eine erhebliche Rolle dabei gespielt haben/spielen (u.a. mit @HannaKienzler und Prof. Michael Barenboim)

In unserem Brief an die Herausgeber:innen und Redaktuer:innen großer Tageszeitungen nennen wir folgende Punkte:
[Originalbrief siehe unten]

1.

Deutsche Medien haben insgesamt in ihrer Funktion als sog. vierte Gewalt versagt. Es wäre die Aufgabe der Medien gewesen, der Bundesregierung täglich aufzuzeigen, welchen Horror sie in Gaza unterstützt und dass sie damit gegen internationales Recht + die deutsche Verfassung verstößt.

Die Pflicht zu handeln besteht in dem Augenblick, in dem es ein Risiko für Völkerrechtsverbrechen gibt. Dieses Risiko bestand von Anfang an. Es gab genocidal intent (d.h. die Absicht, einen Völkermord zu begehen) und den Äußerungen israelischer Politiker & Co folgten unmittelbar Taten:

-Database for statements of genocidal intent durch Isra-lsche Entscheidungsträger.

2.

Deutsche Medien haben elementare journalistische Standards – die Wahrheit und die Menschenwürde zu achten, unabhängig, objektiv, wahrhaftig, unparteilich, fair und faktenbasiert zu berichten – nicht eingehalten.

Die Medien haben damit zu einer massiven Desinformation der Bevölkerung und zur Dehumanisierung von Palästinenser:innen beigetragen, s. bspw. dieser Artikel von @goldi:

-Medien und Nahost: Anatomie eines Systemversagens - Schantall und Scharia

Zitat vom Artikel

”Einseitigkeit, Entmenschlichung, Ignoranz. Das sind einige der Merkmale deutscher Nahost-Berichterstattung nach dem 7. Oktober. Wer in Deutschland heute [2024-10-16] die Zeitungen aufschlägt oder den Fernseher einschaltet, um sich über den Krieg in Nahost zu informieren, der stößt mit großer Wahrscheinlichkeit auf Statements der israelischen Armee. Auf Verbrechen, deren Täter sich hinter Passivkonstruktionen verbergen. Auf Euphemismen über „gezielte Gegenschläge“ und „begrenzte Bodeneinsätze“. Auf Floskeln über „Gewaltspiralen“ und „Flächenbrände“. Auf Auslassungen, Rassismus und Fake News.
Nur auf guten Journalismus stößt man immer seltener.” …

3.

Deutsche Medien sind auch mitverantwortlich für die Diskursverengung und Repression von Stimmen, die sich für die universelle Anwendung des internationalen Rechts einsetzen.

Legitime Kritik an Israels Vorgehen wurde oft pauschal als Israelhass oder Antisemitismus delegitimiert. Bei Diffamierungskampagnen durch BILD & Co haben viele andere Medien keine klare Haltung gezeigt. Im Gegenteil: oft haben sie sogar deren Narrativ übernommen.

Die bedeutende Rolle von Medien bei der Dehumanisierung des Anderen, der Anstiftung zu Hass und Gewalt, der Delegitimierung internationaler Institutionen, ist allseits bekannt.

Hier zwei wissenschaftliche Studien:

- Radio and the Rise of The Nazis in Prewar Germany

- Propaganda and Conflict: Evidence from the Rwandan Genocide

Es ist höchste Zeit, dass die deutschen Medien sich ihrer Rolle bewusst werden und ihre Berichterstattung ändern. Politiker müssen endlich zur Rechenschaft gezogen werden und Deutschland muss endlich wieder für die universelle Anwendung des Völkerrechts stehen!

Weitere Artikel zu den deutschen und internationalen Medien:

- Der Gaza-Krieg, die deutschen Medien und die »falsche Seite der Geschichte«?
von Prof. Kai Hafez

Zitat vom Interview

”Der erste Hauptpunkt ist, dass man weder den aktuellen Krieg noch den Konflikt mit dem Blick durch die Antisemitismus-Brille allein erklären kann. Auch wenn sich die Debatte in Deutschland und in den deutschen Medien sehr stark auf diese Perspektive beschränkt, ist diese Verengung fatal. Denn dadurch wird eine wirkliche Konfliktanalyse verhindert. Letztlich geht es im Nahost-Konflikt um Territorialrechte, Wasserrechte, es geht um Bevölkerungsaustausch und um historische Rückführungsansprüche.” …

4. Weitere Quellen

Ein Link zum obigen Brief konnte nicht gefunden werden, jedoch dieser:

-Israels Offensive in Gaza (und in der West Bank) seit dem 7. Oktober 2023, Deutschlands Verantwortung und der hiesige öffentliche Diskurs

Sechs Zitate
(1) Die vorhandene Evidenz lässt wenig Zweifel daran, dass Israel Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Gaza begangen hat/begeht.

(2) Der IGH hat am 26.1.2024 das Risiko eines Genozid an der palästinensischen Bevölkerung für plausibel eingestuft und Maßnahmen erlassen, um einen Genozid zu verhindern.

(3) Trotz der Vielzahl an Hinweisen und Belegen für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die es von Anfang gab, hat die Bundesregierung die israelische Regierung erheblich militärisch und politisch/diplomatisch unterstützt… Netanjahus Regierung ist bekanntermaßen in Teilen rechtsextrem bzw. rassistisch.

(4) Die letzten Monate haben zudem deutlich gemacht, dass die deutschen Medien in ihrer Funktion als sogenannte vierte Gewalt versagt haben, auch wenn es immer wieder einzelne kritische Stimmen gab. Oftmals wurde das offizielle israelische Narrativ übernommen.

(5) Deutschlands Mitschuld an einem (mutmaßlichen) Völkermord - unter dem angeblichen Vorwand eines “Nie wieder” - erscheint surreal, ebenso das laute Schweigen vieler Medien und vieler gesellschaftlicher Akteure, einschließlich vieler Intellektueller und der Universitäten.

Mit folgendem bisher letzten Eintrag vom 2024-12-04

(6) Bundeskanzler Scholz bestätigt im Bundestag: “Wir haben Waffen geliefert in der Vergangenheit und werden das auch in Zukunft tun. Dazu liegt eine entsprechende Entscheidung vor und wir werden Sie informieren, wenn die Lieferung erfolgt ist, damit Sie dieses Nachfragen nicht fortsetzen müssen” (Video).